Lange Zeit blieb es am Grundstück der ehemaligen Madernavilla ruhig, ehe im Herbst 2017 die Bagger anrollten und das Fundament für einen Neubau auszuheben begannen. Die farblich korrekt wiedergegebene Visualisierung des geplanten Projekts zeigt die Dimensionen des angedachten Gebäudes, das sich deutlich von den umgebenden Gründerzeitvillen und Jugendstilhäusern abhebt und das Stadtbild nachhaltig verändern wird. Die Gestaltung eines markanten städtebaulichen Ensembles am Tor zur historischen Altstadt St. Pöltens scheint dabei jedoch wie beim Abriss der Madernavilla vor sieben Jahren nur eine untergeordnete Rolle zu spielen.
Ein turbulenter Abriss
Die 1885/86 von Franz Schulz im Stil der Neorenaissance errichtete Villa entstand wie viele angrenzende Gebäude südlich der Altstadt im Fin de Siècle als historistisches Prachtstück in unmittelbarer Nähe des ehemaligen Linzer Tors. Im Gegensatz zu einigen anderen Objekten derselben Zeit konnte die Villa trotz fortgeschrittener Planung nicht mehr unter Denkmalschutz gestellt werden, sodass im Jahr 2011 der Abriss des Gebäudes und der nächtliche Kahlschlag der – zum damaligen Zeitpunkt angeblich unter Naturschutz stehenden – Parkbäume erfolgte. Die Neubebauung des Grundstücks mit einem Bürogebäude sollte plangemäß schnell erfolgen, nahm in den Folgejahren jedoch eine ganz andere Entwicklung.
(K)ein Neubau entsteht
Schon im November 2011 gewann das Projekt „LT 1“ des Architekturbüros „AllesWirdGut“ den Bewerb mit einem zeitgenössischen, modernen Bau. Der Einsatz großer Glasflächen sowie die „Rückstaffelung der Geschosse an den Schmalseiten“ sollte auf unterschiedliche Größen und Belichtungsbedürfnisse der Nachbarhäuser Rücksicht nehmen. Die im Frühjahr 2012 begonnenen Adaptierungsarbeiten gerieten jedoch ins Stocken, da für das angedachte Gebäude nie ein Baubescheid erteilt wurde.
Der zweite Versuch – LT1 neu
Nachdem Sandler-Bau 2017 das lange Zeit brach liegende Grundstück erwarb, wurde der Idee des „L(inzer) T(or) 1“ neues Leben eingehaucht und ein entsprechend neu adaptiertes Objekt als viergeschossiges Bürohaus mit zweigeschossiger Garage geplant. Der Bau des Gebäudes lässt jedoch noch auf sich warten, da im April 2018 zwar der Baubescheid zugestellt, nach Anrainerprotesten jedoch die endgültige Entscheidung über die Erteilung in zweiter Instanz beim Landesgericht liegt. Mit momentan gültigem (erstinstanzlichen) Urteil des Stadtsenats könnten die Bauarbeiten jedoch jederzeit wiederaufgenommen werden.
Klar geregelt scheinen daher in der Zwischenzeit nur die ästhetischen Ansprüche an den Neubau mit der Adresse Linzer Tor 1 bzw. Josefstraße 2 zu sein: Von der ehemals möndänen Villa mit umgebender Parkanlage und dem eleganten „Stadthaus“ der Gruppe „AllesWirdGut“ grenzt sich das „LT1 neu“ deutlich ab. Anstelle einer architektonisch ansprechenden „landmark“ am Eingang zur Altstadt und Verbindung zum (noch intakten) Villenviertel ist ein weitestgehend gesichts- und anspruchsloser Bau zu befürchten. Inwiefern dieser zu einer Aufwertung dieses sensiblen Viertels und damit auch dem Ruf einer möglichen Kulturhauptstadt im Jahr 2024 zuträglich sein wird, bleibt zu hinterfragen.
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[…] dass nicht nur in der NÖ-Landeshauptstadt St. Pölten gebaut wird auf „Teufel komm raus“ und alte Gebäude zerstört werden. Natürlich ist das auch in Wien so, wo damit sogar der Status des Weltkulturerbes in Gefahr […]